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Diverses
Was ist der Unterschied? Eine Krankheit ist eine heilbare oder unheilbare Schädigung eines Organsystems im Körper. Die Befindlichkeitsstörung dagegen zeigt keine eigentliche Erkrankung eines Organs, die Person fühlt sich jedoch unwohl oder krank.
Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen Schlafstörungen, Herzstechen, Verdauungsbeschwerden und ähnliche Symptome treten in der heutigen schnellebigen Zeit immer häufiger auf. Verursacht werden diese durch eine ungesunde Lebensweise wie mangelnde Bewegung, falsche Ernährung und Überforderungssituationen. Begünstigt wird das Ganze durch Stress am Arbeitsplatz, in der Schule oder zu Hause. An langen Wochenenden und in den Ferien verbessern sich solche Symptome oft, im Unterschied zu einer Krankheit, wo die Beschwerden immer vorhanden sind. Häufig führen solche Beschwerden zum Arzt, aus Angst, es besteht eine gefährliche Erkrankung wie ein Krebsleiden oder eine Herz-Kreislaufstörung. Diese Unsicherheiten sollten ernst genommen und sorgfältig abgeklärt werden, um eine gefährliche Krankheit auszuschliessen. Die Diagnose Befindlichkeitsstörung muss deshalb mit Vorsicht gestellt und erarbeitet werden. Auch sogenannte psychosomatische Erkrankungen (psychische Probleme, welche sich in körperlichen Symptomen äussern) gehören in diese Kategorie.
Heutzutage boomen jegliche alternativmedizinische Verfahren von seriös geprüft bis hin zur gefährlichen Scharlatanerie. Befindlichkeitsstörungen sprechen auch auf alternativmedizinische Therapien an. Eine sorgfältige medizinische Abklärung sollte aber von einer Person mit solidem medizinischem Grundwissen durchgeführt werden, damit Alarmsymptome einer Krankheit erkannt werden. Befindlichkeitsstörungen wie auch psychosomatische Erkrankungen sollten deshalb eine Ausschlussdiagnose sein. Selbsternannte Heiler können dies aber nicht und so kann es zu fatalen Fehlern kommen. Leider hört man diesbezüglich heute viel zu wenig. So wird zum Beispiel eine schwerwiegende, aber gut therapierbare Erkrankung lange nicht erkannt und nicht richtig behandelt.
Welche Therapiestrategie - die konventionell westliche oder eine alternative Methode - nach einer korrekten Diagnose eingeschlagen wird, ist eine andere Frage. Auch eine Krankheit kann durchaus mit einer seriösen und eingeführten alternativmedizinischen Methode therapiert werden. Die Grenze der jeweiligen Methode muss aber dem Arzt oder Therapeuten bekannt sein. Seriöse Alternativheiler verteufeln nicht in jedem Fall die traditionelle westliche Medizin, sondern arbeiten bei Bedarf mit dieser zusammen, wenn die eigene Methode an ihre Grenzen stösst. Umgekehrt schlägt auch der traditionell ausgebildete Arzt alternative Methoden vor, wenn er zum Beispiel eine Befindlichkeitsstörung erkennt, die nicht unbedingt mit traditionellen Medikamenten behandelt werden muss.
Es sollte deshalb weder die eine noch die andere Heilmethode kategorisch abgelehnt bzw. vorbehaltlos hochgejubelt werden. Ein sinnvoller, unter der jeweiligen Situation angepasster, Einsatz von alternativen oder traditionellen Methoden wird mit Sicherheit die Patientenzufriedenheit fördern und die heutigen Grabenkämpfe der verschiedenen Ansichten beenden.
Dr. med. Stephan Gerosa FMH Innere Medizin, 4448 Läufelfingen |
Heutzutage sind Patienten und Ärzte zu Recht skeptisch gegenüber dem ungezielten Einsatz von Antibiotika bei fiebrigen Erkrankungen. Berichte über neu entstandene Abwehrkräfte (Resistenzen) der Bakterien schrecken eine breite Öffentlichkeit auf. Man weiss, dass der unkritische und unsachgemässe Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin tatsächlich die Entstehung von gegen diese Medikamente widerstandsfähigen Bakterien begünstigt. Damit kommt es zu einem Wirkungsverlust dieser Mittel. Immer mehr neue Antibiotika könnten theoretisch dieses Problem lösen. Es ist allerdings nur eine Frage der Zeit, bis auch diese von widerstandsfähigen (resistenten) Bakterien überlistet werden. Nebenwirkungen wie Durchfall, Hautausschläge oder Scheidenpilze sind für den Patienten oft unangenehme Erfahrungen, die man wegen einer vielleicht unnötigen Therapie nicht gerne in Kauf nimmt.
Der Arzt weiss, dass viele der alltäglichen Infektionskrankheiten durch Antibiotika gar nicht geheilt werden können. Häufig sind dies nämlich Viruserkrankungen. Vor Beginn einer Behandlung mit Antibiotika muss eine zutreffende Diagnose gestellt werden. Der Arzt braucht dazu einfache, überall verfügbare Laboruntersuchungen, die bereits während der Konsultation in der Praxis oder sogar während eines Hausbesuchs ein Resultat liefern, mit dessen Hilfe ein zuverlässiger Entscheid, ob eine antibiotische Behandlung notwendig ist, gefällt werden kann. Der genaue Nachweis von Bakterien ist allerdings meist nur durch deren Zucht auf speziellen Nährböden möglich. Deren Wachstum dauert einige Tage, so dass mit dieser Methode kein rascher Nachweis gelingt.
In der hausärztlichen Praxis muss aber bei Patienten, die an Fieber, Husten oder Halsschmerzen leiden, rasch und kostengünstig entschieden werden können, ob eine eitrige Angina, eine bakterielle Bronchitis oder eine Lungenentzündung Grund des Fiebers sein könnte. Diese Erkrankungen müssen mit Antibiotika behandelt werden. Bei einer schweren, gerade in der Grippezeit viel häufigeren Viruserkältung genügt dagegen eine unterstützende Behandlung mit viel Flüssigkeit, Schonung, fiebersenkenden Mitteln usw. Auf Antibiotika kann hier guten Gewissens verzichtet werden.
Zur Beantwortung dieser Frage ist in den meisten Hausarztpraxen in den letzten Jahren eine spezielle Laboruntersuchung, die Bestimmung des «C-reaktiven Proteins», kurz CRP genannt, eingeführt worden. Nach einer Blutentnahme mittels eines Fingerstichs kann die Praxisassistentin diese Untersuchung innert weniger Minuten durchführen. Die Kosten betragen lediglich zwanzig Franken. Auch bei Kindern oder älteren Leuten kann die Blutentnahme problemlos vorgenommen und, falls notwendig, mehrfach wiederholt werden.
Ein hoher CRP-Wert wird bei bakteriellen Entzündungen schon nach wenigen Stunden nachgewiesen. Bei Viruserkrankungen ist dieser Anstieg hingegen gering. Damit kann in den Krankheitsfällen, die der Hausarzt ambulant behandeln kann, mit einfachen Mitteln eine zuverlässige Entscheidung getroffen werden, ob eine bakterielle Infektion vorliegt und damit Antibiotika nötig sind. In vielen Fällen kann dank der CRP-Bestimmung auf den Gebrauch dieser Medikamente verzichtet werden.
Treten ohne vorausgehende Erkältungszeichen plötzlich Halsschmerzen und Fieber auf, könnte eine Scharlachangina vorliegen. Diese Bakterien können mit einem speziellen Schnelltest aus einem Rachenabstrich direkt nachgewiesen werden. Auf die langwierige Bakterienaufzucht kann damit verzichtet werden. Damit ist es ausnahmsweise möglich, rasch zu entscheiden, ob die gesuchten Bakterien beim Erkrankten vorhanden sind und ob dieser eine entsprechende Behandlung mit Antibiotika benötigt. Bei den häufigen Mittelohr- oder Stirnhöhlenentzündungen können Schnelltests selten zur Therapieentscheidung beitragen. Hier ist nach wie vor der ärztliche Untersuchungsbefund, manchmal ergänzt durch Röntgenaufnahmen, hauptsächliche Entscheidungshilfe.
Durch einfach durchführbare Labortests wie die CRP-Bestimmung oder den Scharlachschnelltest lassen sich bei fiebrigen Erkrankungen Antibiotika gezielter einsetzen. Das Praxislabor leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung des Problems der Antibiotikaresistenzen und zur Verbeserung der Qualität der ärztlichen Behandlung.
Dr. med. F. Rohrer Innere Medizin FMH, 4415 Lausen |
Heutzutage sind viele Leute zu Recht skeptisch gegenüber dem raschen, ungezielten Einsatz von Antibiotika bei fiebrigen Krankheiten. Der Arzt weiss, dass viele dieser Erkrankungen durch Antibiotika gar nicht behandelt werden können. Am häufigsten betrifft dies Viruserkrankungen. Auch andere Krankheitserreger, Tumorerkrankungen oder das sog. Medikamentenfieber benötigen andersartige Behandlungen. Wir wissen, dass zu häufiger oder falscher Einsatz von Antibiotika rasch zu einem Wirkungsverlust führen kann (sog. Resistenzbildung). Nebenwirkungen wie Durchfall, Hautausschläge oder Scheidenpilz sind für den Patienten unangenehme Erfahrungen, die man wegen einer vielleicht unnötigen Therapie nicht gerne in Kauf nimmt. Deshalb muss man vor Beginn einer Behandlung mit Antibiotika eine zutreffende Diagnose stellen können. Besonders wichtig ist zu wissen, ob die Erkrankung des Patienten durch eine mit diesen Mitteln behandelbare bakterielle Infektion hervorgerufen wurde.
In der hausärztlichen Praxis muss deshalb bei Patienten, die an Fieber und Husten leiden, rasch und kostengünstig entschieden werden, ob eine eitrige Bronchitis oder eine Lungenentzündung Grund des Fiebers sein könnte. Bei einer solchen bakteriellen Infektion besteht ein guter Grund, ein Antibiotikum zu verschreiben. Bei einer schweren Viruserkältung, die häufig sehr ähnliche Symptome zeigt, genügt dagegen eine unterstützende Behandlung mit viel Flüssigkeit, Schonung, fiebersenkenden Mitteln usw. Leider sind die ärztliche Untersuchung und die bisher angewandten Labor- und Röntgenuntersuchungen für eine rasche Klärung dieser Frage ungenügend. Sie sind mit Nachteilen behaftet, zu langsam oder zu kompliziert. Aus diesem Grund hat man bei Patienten, die nicht schwer krank sind, häufig während zwei bis drei Tagen zugewartet und aufgrund des Verlaufes entschieden, ob noch Antibiotika nötig sind. Ein idealer Labortest sollte aber eine rasche Entscheidung ermöglichen, am besten noch während des Besuchs in der Sprechstunde des Arztes.
In den letzten Jahren konnte eine spezielle Laboruntersuchung, die Bestimmung des «C-reaktiven Proteins», kurz CRP genannt, technisch so verbessert werden, dass sie als Schnelltest in jeder Arztpraxis innert weniger Minuten durchgeführt werden kann. Zur Blutentnahme genügt ein kleiner Fingerstich. Die Untersuchung kann deshalb auch bei Kindern oder älteren Leuten problemlos vorgenommen und, falls notwendig, mehrfach wiederholt werden. Es ist bekannt, dass der CRP-Wert bei bakteriellen Entzündungen schon innert weniger Stunden ansteigt. Bei Viruserkrankungen ist dieser Anstieg hingegen geringer. Damit kann in den weniger komplizierten Krankheitsfällen, die der Hausarzt ambulant behandeln kann, mit einfachen Mitteln eine zuverlässige Entscheidung getroffen werden, ob eine bakterielle Infektion vorliegt und damit Antibiotika nötig sind. In vielen Fällen kann aber dank der CRP-Bestimmung mit gutem Gewissen auf den Gebrauch dieser Medikamente verzichtet werden. Bei den häufigen Mittelohr- oder Stirnhöhlenentzündungen steigt das CRP auch bei eitrigen Infektionen meistens nicht an. Damit muss in diesen Fällen die Entscheidung, ob Antibiotika zur Behandlung angebracht sind, weiterhin aufgrund des ärztlichen Untersuchungsbefundes und manchmal mit Hilfe von Röntgenaufnahmen getroffen werden. Vereinzelt bleibt der CRP-Wert auch bei schweren Infektionen tief. Bei diesen schwer erkrankten Patienten sind zur Klärung der Diagnose zusätzliche Untersuchungen notwendig.
Auch im Spital hat die CRP-Bestimmung eine grössere Bedeutung erlangt. Besonders gut kann der Verlauf schwerer bakterieller Infektionen (z.B. schwere Lungen- oder Knochenentzündungen) mit Hilfe dieser Untersuchung beurteilt werden. Auch bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie der Polyarthritis oder dem entzündlichen Muskelrheuma kann der Behandlungserfolg durch die wiederholte CRP-Bestimmung gut kontrolliert werden.
Durch den einfach durchführbaren CRP-Test lassen sich also bei verschiedenen Erkrankungen Antibiotika gezielter einsetzen.
Dr. med. F. Rohrer Innere Medizin FMH, 4415 Lausen |
Was und wie Aerztinnen mit ihren Patientinnen reden* * Der Einfachheit halber wurde die weibl. Form gewählt; gemeint sind aber immer beide Geschlechter, d.h. Aerzte und Aerztinnen, Patienten und Patientinnen
Wie zufrieden Patientinnen mit ihren Aerztinnen sind, und wie gut gelungen die ärztliche Sprechstunde erscheint, ist in hohem Masse von einer günstigen Kommunikationsweise abhängig. Daneben gilt aber das Aerztin-Patientin-Gespräch auch als wichtiges diagnostisches Instrument. Untersuchungen belegen, dass zur Erfassung medizinisch bedeutsamer Informationen weniger die medizinisch-technische Erfahrung zählt, als vielmehr die Fertigkeiten der Gesprächsführung.
Was sich Patientinnen von ihren Aerztinnen wünschen Erhebungen haben gezeigt, dass Patientinnen heute von ihren Aerztinnen Qualitäten wünschen, die bisher in der medizinischen Ausbildung zu wenig berücksichtigt wurden, die aber ganz entscheidend dazu beitragen, ob eine Aerztin landläufig als «gut» oder «nicht gut» eingestuft wird. Dazu gehört, dass für Problemstellungen genügend Zeit vorgesehen ist, um ein vertrauensgeprägtes Arbeitsbündnis entstehen zu lassen und dass auch seelische Bedürfnissse wahrgenommen werden. Kaum in Zweifel gezogen werden die medizinisch-technischen Fähigkeiten, für die in der Schweiz allgemein ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt wird. Die Aerzteschaft hat sich deshalb bemüht, der Kommunikation in Aus- und Weiterbildung mehr Bedeutung zuzumessen.
Ganz in den Vordergrund gestellt wird eine Atmosphäre, in welcher sich die Patientin bei ihrer Aerztin ernstgenommen fühlt. Genauer gesagt, bedeutet dies: der Inhalt einer Botschaft ist bei der Aerztin angekommen, und diese hat auch teilnahmsvoll gesehen, was es für die Patientin bedeutet, und sie hat der Patientin zurückgemeldet, was sie verstanden hat. Dazu ein Beispiel: Frau X sagt: «Frau Doktor, ich habe Bauchschmerzen und schon seit zwei Tagen keinen Stuhlgang mehr». Für viele Menschen mögen diese Beschwerden kein Grund für Besorgnis und einen Besuch bei der Aerztin sein; für Frau X jedoch bedeuten sie eine Gefahr, die sie unbedingt geklärt haben möchte, ist doch ihr Vater an einer unerkannten Blinddarmentzündung fast gestorben. Erst die Rückmeldung der Aerztin («Ich sehe, dass Sie sich deshalb Sorgen machen») gibt Frau X den Eindruck, mit ihrem Anliegen angenommen zu sein, während eine verallgemeinernde Bemerkung («Das ist doch nicht schlimm, deshalb brauchen Sie doch nicht hierherzukommen») auf Frau X wohl eher ablehnend wirken würde.
Diese Voraussetzungen einer vertrauensbildenden Atmosphäre machen auch Mut, andere belastende und persönliche Dinge anzusprechen. Verständlicherweise erschweren es ungünstige Erfahrungen im Alltag - Aengste, Verletzungen, Demütigungen - manchmal, in der Sprechstunde plötzlich ganz frei und offen zu reden. Und natürlich ist es auch manchmal richtig, Dinge für sich zu behalten; die Aerztin soll dies respektieren. Für die meisten Menschen ist aber die ärztliche Sprechstunde eine der seltenen Gelegenheiten, sich über belastende Situationen auszusprechen, im obigen Fall also auch die Angst um eine lebensbedrohliche Erkrankung darzulegen.
Für beide Gesprächspartner ist das offene Gespräch somit eine wichtige Entscheidungshilfe. Als nächster Schritt soll ja entschieden werden, welche Lösungswege den Bedürfnissen der Patientin am ehesten entsprechen. Hier wünschen sich viele Patientinnen, dass ihnen die Aerztin diejenige Information liefert, die die im Moment dringenden Fragen klärt. Zuviele Informationen werden nicht nur schlecht behalten, sie gehen oft auch den relevanten Problemen einer einzelnen Patientin vorbei.
Schliesslich möchten Patientinnen eigenständige Entscheidungen treffen können, um Behandlungsmassnahmen selbst planen und realisieren zu können. Dies setzt voraus, dass die Aerztin bereit ist, die Patientin als gleichberechtigte Partnerin in die Therapieplanung miteinzubeziehen und auch ihre Behandlungsvorschläge aufzugreifen.
Was sich Aerztinnen von ihren Patientinnen wünschen Auch für Aerztinnen sind die Bedingungen, unter denen mit Patientinnen kommuniziert wird, entscheidend für ihr Wohlbefinden. Das «burn out - Syndrom», Zeichen des Ueberfordertseins vieler Aerztinnen, hängt zwar mindestens ebensosehr mit vielen andern beruflichen und politischen Faktoren zusammen, kann aber mit einer günstigen Gesprächskultur vermindert werden. Dafür ist die Aerzteschaft in erster Linie selbst besorgt; es gibt aber auch Verhaltensweisen von Patientinnen, die ein gutes Gespräch fördern.
Zunächst kann sich eine Patientin auf eine Konsultation gut vorbereiten. Sie soll sich darüber Klarheit verschaffen, was sie vom Arztbesuch erwartet. Nichts ist beispielsweise schwieriger als der Umgang mit Problemen, die beim Hinausgehen aus dem Sprechzimmer geäussert werden («was mir noch grosse Sorgen macht und ich Ihnen schon immer sagen wollte ....»). Aeltere Menschen machen sich aus der Erfahrung, öfters Kleinigkeiten des Alltags zu vergessen, gerne einige Notizen ihrer Anliegen: eine hervorragende Hilfe, die zur Verfügung stehende Zeit gut einzuteilen, aber auch von Anfang an Klarheit über das Inventar der Beschwerden zu haben. Aerztinnen können dieses Verhalten unterstützen, indem sie ihren Patientinnen mitteilen, wieviel Zeit sie für eine Konsultation eingeplant haben und welche Punkte sie selber besprechen möchten.
Dann ist es wichtig, dass sich die Patientin vergewissert, ob sie verstanden wurde. Viele Patientinnen sind schlechte Lehrmeister für Aerztinnen. Sie erwarten als Leidende Hilfe von ihrer Aerztin und riskieren daher verständlicherweise ungern eine kritische Haltung, die die erwartete Hilfe in Frage stellen könnte. Dies erweist sich aber langfristig als ungünstig, da Aerger und Enttäuschung auf beiden Seiten entsteht. Ohne die notwendige Rückmeldung und Kritik ist es der behandelnden Aerztin ja auch nicht möglich, ihre eigenen ungeeigneten Einstellungen und Strategien zu ändern! Schliesslich muss die Patientin verstanden haben, was die Aerztin vorschlägt, und ihre Zustimmung oder aber ihre Bedenken ehrlich äussern. Ohne dieses grundlegende Einverständnis steht die weitere Behandlung auf wackligen Füssen. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist belegt, dass über 60 Prozent der ärztlich verschriebenen Medikamente nicht vorschriftsgemäss eingenommen werden. Auch hier sind Kommunikationshindernisse häufig die Ursache. So kann beim obigen Beispiel einer Botschaft der Aerztin an Frau X der Inhalt gut angekommen sein («Nehmen Sie gegen Ihre Bauchschmerzen drei mal ein Dragee pro Tag»), aber die damit verbundene Bedeutung («damit hören die Beschwerden innert einer Stunde auf») wurde nicht geklärt. Da Frau X erleichtert ist, nicht dasselbe Schicksal zu erleiden wie ihr Vater, sie aber ihre anderslautenden Behandlungsvorstellungen nicht äusserte, wird sie die Dragees dem Mülleimer anvertrauen und sich mit Fencheltee auskurieren. Auch hier kann die Offenheit auf Patientinnenseite sehr hilfreich sein, Missverständnisse und unnötige Medikamentenkosten zu ersparen.
Zusammenfassung In der ärztlichen Sprechstunde ist die Kommunikationsweise entscheidend für das Mass, in dem sich Patienten/innen wohlfühlen und wie medizinische Massnahmen gelingen. Günstige Voraussetzungen dafür schaffen Aerzte/innen, die ihre Zeit den Patientenbedürfnissen angemessen einteilen, eine Atmosphäre des Vertrauens bilden und eine verständnisvolle Gesprächsführung ausüben, und Patienten/innen, die sich gut auf die Sprechstunde vorbereiten, sicherstellen, dass sie sich verstanden fühlen und den Mut aufbringen, Rückmeldungen zu geben, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
Dr. med. G. Loretan Facharzt Allgemeine Medizin FMH, Liestal
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Spitex heisst spitalexterner Dienst und betreut pflegebedürftige junge und alte Menschen zu Hause. Angeboten wird einerseits eine Hilfe, welche den Patienten bei Haushaltsarbeiten unterstützt und andererseits die Hauspflege, die direkt den Patienten betreut. Die Pflegeleistung wird von der Krankenkasse zu einem grossen Teil übernommen, die Haushaltshilfe muss selbst bezahlt werden (bei einer Zusatzversicherung kann eine Teilleistung mitversichert sein).
Gepflegt werden nicht nur alte, kranke Menschen, sondern auch Kinder, Jugendliche oder Wöchnerinnen, welche den Dienst zu Hause beanspruchen. Die sehr gut ausgebildeten Spitex-Krankenschwestern werden in komplexen Pflegesituationen und Behandlungspflege eingesetzt. Die Hauspflege übernimmt in Zusammenarbeit mit den Krankenschwestern einfache Pflegeaufgaben wie Waschen und Ankleiden. Auch wird die regelmässige Medikamenteneinnahme überwacht und tägliche Insulin-Injektionen vorgenommen. Viele Menschen können nur mit Hilfe dieses Dienstes noch alleine zu Hause wohnen. Die oft überforderten Angehörigen werden durch die Spitex unterstützt und beraten, ebenfalls können bei Bedarf gemeinsam entlastende Angeboten gefunden werden (z.B. Nachtwache, Ferienbett in einem Altersheim).
Unterstützt wird die Spitex durch den Hausarzt, was bei uns hier im Oberbaselbiet hervorragend klappt. Während den gemeinsamen Hausbesuchen werden die Therapien besprochen und gegebenenfalls angepasst. So können gebrechliche Patienten, die das Haus nicht mehr verlassen können, jahrelang gepflegt und betreut werden. Eine Einweisung in ein Spital oder Alters- und Pflegeheim kann so meist sehr lange hinausgeschoben oder ganz verhindert werden.
Die Betreuung der vor allem alten Menschen in Ihrer gewohnten Umgebung ist auch für den Hausarzt eine befriedigende Arbeit. Die Patienten schätzen, dass sie so lange wie möglich zu Hause wohnen können und sind deshalb sehr dankbar. Vielleicht steht für sie der tägliche Kontakt und kleine Schwatz mit der Spitex-Schwester im Vordergrund und macht das Leben trotz verschiedenen Gebrechen lebenswert. Sie fühlen sich nicht in eine Institution abgeschoben und deshalb für ernst genommen. Häufig treffen wir bei einem Hausbesuch desolate Zustände an. Der Betroffene aber will unbedingt zu Hause bleiben. Spitex und Arzt versuchen gemeinsam das Beste aus der Situation zu machen, ohne alle «Register» der modernen Medizin ausschöpfen zu können. Trotzdem ist ein solches Leben meiner Meinung nach menschenwürdiger, als dass ein zutiefst unglücklicher Mensch in einer sauberen, sterilen Spitalumgebung seinen Lebensabend verbringen muss.
In Teamarbeit können so auch Sterbebegleitungen zu Hause gemacht werden. Dies stellt immer wieder ein intensives, am Ende befriedigendes Erlebnis für alle dar. Krebskranke Patienten können mit unterstützender Beratung von der SEOP (= spitalexterne Onkologie-Pflege) professionell zu Hause gepflegt und begleitet werden. So wird ein erträgliches Leben zu Hause ohne Schmerzen ermöglicht, was wiederum vom Patienten und auch Angehörigen geschätzt wird.
Die Spitex und der Hausarzt zusammen tragen somit für eine menschenwürdige Betreuung von nicht nur Betagten und Sterbenden bei. Jüngere Patienten können früher aus dem Spital entlassen werden, alte Menschen verbleiben länger zu Hause, was zu einer Entlastung der strapazierten Gesundheitskosten beiträgt.
Dr. med. Stephan Gerosa FMH Innere Medizin, 4448 Läufelfingen |
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